Experten warnen vor wachsenden Engpässen in der ambulanten Pflege aufgrund von unzureichender Vergütung, steigenden Personalkosten und sinkender Zahlungsmoral der Kostenträger. Die Situation verschärft sich zunehmend, wie Umfragen und Expertenaussagen zeigen.
Experten warnen vor zunehmenden Versorgungsengpässen
Experten zufolge gibt es auch in der ambulanten Pflege immer mehr Engpässe bei der Versorgung. Heinz Rothgang, ein Pflegeökonom aus Bremen, betont, dass aufgrund der häufigen Notwendigkeit von Fachkräften die verstärkte Nutzung von Assistenzkräften die Situation nicht entschärfen könne. „Das begrenzt objektiv die Anzahl der Leistungen, die ein ambulanter Dienst erbringen kann“, erklärt Rothgang gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zusätzlich zu diesem Aspekt gibt es weitere Faktoren und komplexe Zusammenhänge, die dazu führen, dass sich die Situation weiter verschärft. Oftmals werden die ambulanten Leistungen einfach nicht angemessen vergütet: „Die Verhandlungen mit den Kostenträgern gestalten sich schwierig und die Ergebnisse sind oft unzureichend.“
Kritik an der Zahlungsmoral der Kostenträger
Anpassungen beispielsweise an die Inflation erfolgen nur mit Verzögerung, was zu finanziellen Defiziten führt. „Wenn das Budget nicht ausreicht, nehmen Einrichtungen nur noch Klienten an, bei denen Leistungen überdurchschnittlich schnell erbracht werden können. Das führt zu Versorgungsproblemen bei den Pflegebedürftigen, die mehr Zeit benötigen“, erklärt Rothgang. Des Weiteren kritisiert der Pflegeökonom die Zahlungsmoral der Kostenträger. „Insbesondere Sozialhilfeträger, die ihre Rechnungen nicht rechtzeitig begleichen, können für Dienste mit knappen finanziellen Reserven schnell existenzbedrohlich werden.“
Ambulante Dienste kündigen vermehrt Pflegeverträge
Insgesamt sind die Personalkosten aufgrund der notwendigen Lohnerhöhungen in den letzten Jahren stark gestiegen, was auch für die Sachkosten gilt. „Die Vergütungsverhandlungen haben diese Kostensteigerungen nicht immer angemessen berücksichtigt“, fügt Rothgang hinzu. Laut dem BIVA-Pflegeschutzbund kündigen ambulante Dienste zunehmend Pflegeverträge, da sich die Versorgung für sie nicht mehr rentiert. Dies betrifft auch schwerstpflegebedürftige Personen. Eine Umfrage unter bundesweit 526 diakonischen Diensten im Jahr 2023 verdeutlichte ebenfalls den Druck, unter dem die ambulante Pflege steht. Mehr als die Hälfte von ihnen rutschte im vergangenen Jahr in die roten Zahlen.